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21.01.2025 08:24
Während der Corona-Pandemie durften Bürgergeld-Empfänger in deutlich teureren Wohnungen bleiben, ohne dass die Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten geprüft wurde. Diese Regelung galt von März 2020 bis Dezember 2023, wie das Bundesozialgericht (BSG) in einem Urteil entschied. Trotzdem gab es Kritik an unzulässigen Kürzungen durch die Behörden.
Verstöße gegen das Bürgergeld-Recht
In der Regel überprüft das Jobcenter, ob die Wohnkosten von Bürgergeld-Empfängern die geltenden Richtwerte einhalten. Bei unangemessenen Kosten wird entweder ein Umzug verlangt oder nur ein Teil der Kosten übernommen. Solche Regelungen sollen die Belastungen durch hohe Mietpreise auch für den Staat begrenzen.
Mit dem Ende 2023 ergangenen Urteil stellte das BSG jedoch klar, dass die sogenannte „Angemessenheitsfiktion“ während der Pandemie durchgängig galt. Während dieses Zeitraums durften Jobcenter die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht auf Angemessenheit prüfen, auch nicht bei Umzügen. Diese Regelung betraf teils noch den Hartz-IV-Vorgänger des Bürgergelds.
Im Web gibt es Berichte, dass Kürzungen von Unterkunftskosten aufgrund behaupteter Unangemessenheit grundsätzlich rechtswidrig waren. Dennoch hätten viele Jobcenter diese Regel ignoriert und unrechtmäßige Kürzungen vorgenommen. Das Urteil lege erhebliche Rechtsverstöße offen.
Ansprüche geltend machen – Betroffene müssen selbst aktiv werden
Der Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles äußerte sich kritisch. Laut dem Verein hätten mehrere Landessozialgerichte festgestellt, dass die Angemessenheitsfiktion bei Umzügen nicht angewandt wurde, was einen klaren Rechtsbruch darstelle. Bis heute fehle eine interne Korrektur durch die Behörden, sodass Betroffene ihre Ansprüche selbst einfordern müssen. Tacheles e.V. bietet hierfür Vordrucke auf seiner Webseite an. Kürzungen der Unterkunftskosten in diesem Zeitraum können somit rückwirkend angefochten werden.
Unterschiedliche Auslegung und fehlende Statistik
Das hessische Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales erklärte, dass die Landessozialgerichte anfangs unterschiedlich interpretierten, ob die Angemessenheitsfiktion nur bei Erstbewilligungen oder auch bei Weiterbewilligungen, wie nach Umzügen, galt. Mit dem BSG-Urteil wurde schließlich klargestellt, dass auch Weiterbewilligungszeiträume einbezogen waren. Beschwerden von Betroffenen liegen dem Ministerium jedoch nicht vor, und es gibt keine statistischen Erhebungen zu solchen Fällen.
Einschätzung des Deutschen Landkreistags
Ein Sprecher des Deutschen Landkreistags erklärte, dass der Verband zu Einzelfällen keine Stellung nehme. Fehler seien zwar nicht auszuschließen, systematische Probleme jedoch nicht erkennbar. Eine pauschale behördeninterne Korrektur sei zudem nicht möglich, da jeder Fall individuell geprüft werden müsse.
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